Praxis-Check: Wie sehr stören Handys bei der Arbeit?

• Andra Lipinski • Keine Kommentare • 

Durch die Nutzung digitaler Medien vermischen sich Beruf und Privatleben zunehmend. Bei der Arbeit beantworten wir schnell eine Chatnachricht oder tätigen einen Anruf. Eine Arbeitsmail lesen wir andererseits auch mal in der U-Bahn, arbeiten im Home Office oder reagieren im Urlaub auf dringende Arbeitsanfragen. Volle Konzentration auf die Arbeit? Seit einigen Jahren leichter gesagt als getan. Denn auch am Arbeitsplatz sind Handys mittlerweile omnipräsent. Arbeitgeber nehmen die private Handynutzung überwiegend in Kauf.

Gesetzlich nicht erlaubt, in der Praxis meist unproblematisch

Wenngleich es in den meisten Unternehmen kein Problem darstellt, sich gelegentlich kurz mit dem privaten Handy zu beschäftigen, ist laut Gesetzeslage die private Kommunikation während der Arbeitszeit nicht erlaubt

So wie Mitarbeiter einen Anspruch darauf haben, für ihre Arbeitsleistung bezahlt zu werden, darf auch der Arbeitgeber den Anspruch geltend machen, dass in der vereinbarten Arbeitszeit auch tatsächlich gearbeitet wird. Arbeitgeber dürfen demzufolge auch so weit gehen, die Nutzung des privaten Handys in den Arbeitsräumen zu verbieten. Lediglich in Notfällen müssen Arbeitgeber laut Gesetz die private Nutzung des Handys dulden.

Start-ups deutlich flexibler bei privater Handynutzung

Nur wenige Unternehmen regeln den Umgang mit dem privaten Handy explizit im Arbeitsvertrag. Eirill Eckbo, Head of People and Organization bei Friendsurance (einem von Berlins Top Arbeitgebern) weiß: 

Großunternehmen beschränken häufiger die private Handynutzung am Arbeitsplatz auf wenige Minuten am Tag, Start-ups und digitale Unternehmen dagegen sind deutlich aufgeschlossener

Als digitales Unternehmen, wäre es unüblich und in unserer Arbeitskultur hinderlich für die Arbeitseffizienz, die Handynutzung unserer Mitarbeiter einzuschränken. Wir bewegen uns viel zwischen Arbeitsplatz, Meetings, externen Events und Home Office. Dank privater Handys, über die unsere zentralen Kommunikationsmittel wie Slack, Zoom und Hangout laufen, ist es mit wenigen Ausnahmen für den Austausch egal, wo sich die Teammitglieder befinden. 

Somit können wir als Arbeitgeber auch die Flexibilität gewähren, die unsere Mitarbeiter der Generation Y und Z erwarten und mittlerweile als selbstverständlich empfinden.

Wir haben vollstes Vertrauen in unsere Mitarbeiter, dass sie das private Handy sehr bewusst und rücksichtsvoll verwenden und es wäre für uns als digitales Unternehmen undenkbar, den Umgang mit dem privaten Handy zu regeln.”

Umfrage verrät: Im Job kommen 66% der Nutzer auch ohne Telefon aus

Eine aktuelle, repräsentative Umfrage des Meinungsforschungs-instituts YouGov mit über 2.000 Teilnehmern im Auftrag von Friendsurance ergab, dass immerhin 66% der Deutschen bereit sind, bei der Arbeit auf ihr Handy zu verzichten, in Meetings sogar 80%.

Jüngere lassen sich am Arbeitsplatz weniger ablenken

Bei der Arbeit achten besonders junge Leute darauf, ihr Umfeld nicht zu stören bzw. selbst nicht aus dem kreativen Prozess oder dem konzentrierten Arbeiten herausgerissen zu werden. 82% der 18-24-Jährigen und 77% der 25-34-Jährigen schalten ihr privates Handy bei der Arbeit stumm oder aus. 

Aus der Generation 55+ tun es ihnen lediglich 58% gleich. Das könnte zum einen daran liegen, dass bei den Ü-55-Jährigen vergleichsweise weniger Nachrichten aufs Handy flattern, und das Telefon auch in lautem Zustand erträglich ist. Zum anderen ist die reifere Generation eventuell weniger vertraut mit den Handyeinstellungen und passt daher nicht in jeder Lebenssituation die Lautstärke an. 

Hinzu kommt, dass jüngere Leute oft in Großraumbüros arbeiten und in diesen der bewusste Umgang mit dem Smartphone zum guten Ton gehört.

Frauen sind bei der Arbeit rücksichtsvoller

Frauen sind eher bereit bei der Arbeit ohne Handy auszukommen. 72% gaben an, ihr Handy bei der Arbeit aus oder stumm zu schalten. Im Vergleich dazu verzichten nur 60% der Männer, laut eigenen Angaben, bei der Arbeit auf ihr Handy.

Familien mit Kindern schalten weniger ab, außer in Meetings

Nutzer ohne Kinder genießen eher mal die Funkstille, sie sind in fast allen erfragten Lebenssituationen eher bereit auf ihre Handys zu verzichten, als Familien mit Kindern.  Einzige Ausnahme: Bei der Arbeit in Meetings. Da bleibt bei den meisten Eltern das Handy zwar an (um für Notfälle erreichbar zu sein), ist jedoch bei zwei Drittel der Eltern stummgeschaltet.

Generell kann man aber beobachten, dass Familie den Umgang mit dem Smartphone verändert. Während Ledige bei der Arbeit auch mal getrost auf das Handy verzichten können (71% schalten es stumm oder aus), wollen Befragte mit Familie/Partner deutlich stärker erreichbar sein (nur 64% schalten ihr Telefon zumindest auf lautlos).

Fun Fact…

Höchstwert: Am diszipliniertesten im Umgang mit dem privaten Handy bei der Arbeit sind laut Umfrage die Bremer. Unter ihnen gaben 82% an, bei der Arbeit auf mobile Kommunikation zu verzichten. Dahingegen gaben unter den Brandenburgern nur 48% an, das Handy bei der Arbeit ruhen zu lassen.

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