Eltern können mit Langzeitkrisen besser umgehen als Andere. Diese Aussage ist unter Umständen etwas gewagt, dennoch hat sie ganz viel Wahrheit in sich:
- Fangen wir mit dem Wichtigsten an: Eltern haben das beste Team das man überhaupt haben kann, ihre Familie. Ja, die Nerven sind oft angespannt in Familien, in Krisensituationen sogar besonders häufig. Aber dennoch, Kinder lenken von düsteren Gedanken ab, schenken überschwänglich ihre Liebe, wirken als Korrektiv und sagen unverblümt, was sie denken. Sie bringen uns Eltern zum Schmunzeln oder zum Lachen, ermutigen uns oder lenken unsere Gedanken einfach mal in eine andere Richtung.
- Eltern sind besonders erprobte Krisenmanager. Mehrmals täglich müssen sie größere oder kleinere Krisen in Familie und Haushalt überstehen. Ihr Lebensmotto: Es ist nur eine Phase. Sie geht irgendwann wieder vorbei.
- Eltern sind pragmatisch. Sie lernen zu unterscheiden zwischen Sachen, die wirklich dramatisch sind und den vielen kleinen Sachen, die einfach nur anstrengend sind. Sie haben immer eine Langzeitperspektive. In der DNA von Mama und Papa ist die elterliche Langzeitperspektive, die nicht in Tagen und Wochen denkt, sondern weit darüber hinaus, bis zur Enkelgeneration.
- Selbst wenn sie nur noch erschöpft sind, richten sie sich immer wieder wie Stehaufmännchen auf und machen weiter. Die Devise: Es nützt nichts, Augen zu und durch.
- Eltern sind Coaches und wahre Teamplayer. Sie müssen Mut und Durchhaltevermögen, Zuversicht und Vertrauen vorleben, sie müssen ihr Team jeden Tag aufs neue motivieren und zusammenhalten. Das ist manchmal ein wahrer Kraftakt. Was würde passieren, wenn Eltern sich gehen lassen und den Kopf in den Sand stecken, sich von Furcht und Sorgen übermannen lassen? Was würde in einem Wolfsrudel passieren, wenn der Anführer Angst zeigt? Die Wölfe würden woanders Orientierung suchen oder verhungern.
- Eltern können sich fokussieren und in kürzester Zeit Situationen durchblicken, Probleme lösen und zumeist gut mit Frust umgehen. Sie sind wahre Zeit- und Projektmanager. Koordinationsfähigkeit ist das A und O der heutigen Jobbeschreibung eines Elternteils.
- Worin Eltern besonders geübt sind: umdenken, spontan sein, improvisieren, kreativ sein. Sind das nicht die gefragten Fähigkeiten, die vor allem Unternehmen durch die Corona-Krise führen sollen?
- Eltern tragen eine hohe Verantwortung für andere und dessen sind sich die Allermeisten bewusst. Regeln wie die Corona-Beschränkungen einzuhalten, scheint Eltern auch leichter zu fallen als anderen, denn für Eltern steht das Wohlergehen ihrer Familie auf dem Spiel und das wäre bei Nachlässigkeit ein sehr hoher Preis.
- Wenngleich manchmal auch die Kraft fehlt, finden Eltern trotzdem noch ein gutes Wort für die Verkäuferin, weil sie ihren Frust verstehen, bieten den Nachbarn Hilfe an und sprechen wiederum der älteren Generation Mut zu.
- Dürfen Eltern auch mal schwach sein? Natürlich, am besten aber nur einige Minuten, nachdem die Kinder schon im Bett liegen 😉
Wenn ich nun auf das Jahr 2020 zurückblicke, sehe ich tapfere und dennoch dauermüde Eltern, die sich um die Sicherheit ihrer Kinder und die der Großeltern sorgen, die eine hohe Doppelbelastung in Zeiten von Lockdowns aushalten müssen, weniger Geld in der Tasche haben und auch oft mit Gedanken der Unsicherheit kämpfen. Sie denken nicht ans Aufgeben, Spuren hat die Pandemie jedoch auch bei ihnen hinterlassen. Das zeigt eine repräsentative Umfrage des Marktforschungsinstituts YouGov im Auftrag von Friendsurance, mit über 2.000 Teilnehmern.
Nichts geht mehr ohne das Handy
Das Handy wird für Familien zur Allzweckwaffe. Damit verschaffen wir uns Zeit, erledigen trotzdem alles, bleiben in Kontakt mit denen die uns wichtig sind, trösten diejenigen die uns brauchen, sind überall erreichbar, top informiert und suchen dennoch manchmal die Zerstreuung.
Geht es denn überhaupt noch ohne? Derzeit würde ich sagen: Nein. So ähnlich sehen das auch 43% der Eltern, die ihre Handys deutlich mehr als im Vorjahr nutzen. Dass recht Viele ihre Handys zurzeit im Übermaß nutzen, überrascht nicht. Dass es beinahe die Hälfte der Familienväter und -mütter sind, hingegen schon. Sie sind hierbei jedoch in bester Gesellschaft, denn auch andere griffen 2020 viel häufiger zum Handy als im Vorjahr, etwa jeder Dritte. Bei dem was auf den Bildschirmen abgespielt wird, dürften sich Eltern zum Großteil jedoch von den anderen Handynutzern unterscheiden.
Der Wunsch nach mehr Stauraum, mehr Freiraum und mehr Grünfläche wird immer lauter
Vor allem in größeren Städten bringen die Lockdowns viel Frust zu Tage. Diejenigen die allein leben, sehnen sich nach Austausch und diejenigen die zu mehreren auf viel zu engem (überteuerten) Raum leben (wie in München, Berlin, Hamburg oder Frankfurt) haben Sehnsucht nach größeren Wohnungen und wenigstens einer kleinen Terrasse. Ganze 21% der Teilnehmer antworten, dass sie ihre Wohnsituation gern verändern würden. Der Wunsch nach Veränderung der Wohnsituation brennt deutlich mehr Mamas (23%) auf der Seele als Papas (15%). Von dem Lagerkoller profitiert vor allem der Immobilienmarkt, denn die Preise für Wohnimmobilien stiegen in 2020 vor allem in Großstädten stark und werden vermutlich auch in 2021 weiter steigen.
Das Essen wird beinahe zur einzigen Entspannung
Eltern nehmen oft flüchtige Mahlzeiten zu sich, entschädigen sich abends noch mit einem Schokoriegel auf dem Sofa für den harten Tag, haben viel Stress und kommen so gut wie nie zur Ruhe. Das alles führt zu Gewichtszunahme. Während jeder Fünfte ohne Kinder seit Corona mehr auf den Rippen hat, ist es unter den Erwachsenen mit Kindern erschreckenderweise schon beinahe jeder Dritte.
Der Sex ist auch nicht mehr das, was er mal war
Mehr Homeoffice, weniger Ablenkung, weniger Termine, weniger Geschäftsreisen. Die Kontaktbeschräkungen haben auch manch Positives, mehr gemeinsame Zeit. Dennoch schlägt die Daueranspannung aufs Gemüt, Erschöpfung macht sich breit (bei Eltern besonders). Da kommt auch wenig Lust auf. Und nun kommt die Antwort auf eine der spannendsten Fragen dieses Jahres: Hatten die Deutschen mehr oder weniger Sex seit Ausbruch der Pandemie? Laut unserer Umfrage ist eine eindeutige Tendenz zu “Weniger Sex”. Vor allem in den Familien mit Kindern ist es um die Partnerschaft in diesem Jahr eher schlecht bestellt. Während im Bundesdurchschnitt jeder Zehnte (11%) angibt seit der Corona-Pandemie weniger Sex zu haben, ist unter den Eltern in Deutschland fast jeder Fünfte (18%) betroffen.
Immerhin: Die Zeit im Freien rutscht auf der Prioritätenliste nach oben
Keine Freizeitveranstaltungen, keine Sport- und Musikkurse, keine Treffen mit Freunden, keine Aquarium-, Theater- oder Kinobesuche. Was bleibt noch übrig um die Kleinen und Großen zu beschäftigen und etwas positive Energie in den Alltag zu bringen? Zeit an der frischen Luft: gemeinsam Fahrrad fahren, Joggen, auf den Spielplatz gehen, im Garten harken oder einfach nur einen Spaziergang im Wald unternehmen. Ein Drittel aller Eltern haben 2020 mehr davon unternommen als im Vorjahr. Ohne Kinder tat das nur etwa jeder Fünfte. So halten unsere Kinder uns in Bewegung und das hilft nicht nur unserem Körper.
Neues Jahr, neues Glück. Wir schreiben das Jahr 2021. Ob es ein leichteres Jahr wird? Ein wenig Hoffnung habe ich schon. Was ich aber mit Sicherheit weiß, ist, dass wir Eltern auch in diesem Jahr immer wieder die Kraft aufbringen werden, weiter zu machen. Unser Hauptantrieb bleiben dabei unsere Kinder, die beste Ablenkung und die beste Medizin. Sie brauchen uns, halten uns fit und bringen uns immer noch mehrmals pro Tag zum Lachen, auch wenn sie selbst die ganzen Unsicherheiten und Sorgen um sich spüren. Von dieser Unbeschwertheit könnten wir Eltern uns eine Scheibe abschneiden (zumindest für einige Stunden am Tag, um wieder aufzutanken). Dann werden wir im Dezember 2021 auf ein positiveres Jahr zurückblicken.
Andra Lipinski, Mutter von 2 Kindern