Erst Studium oder Ausbildung absolviert, dann Festanstellung – das ist der “klassische” Weg vieler junger Menschen. Nicht so bei Jan-Peter Kalus von Friendsurance. Direkt nach seiner Ausbildung machte er sich selbstständig und gibt im Interview wertvolle Tipps für junge Selbstständige.
Patty: Hallo Jan-Peter, danke, dass du uns von deinem Schritt in die Selbstständigkeit erzählst und deine Erfahrungen teilst. Was glaubst du, welche Erwartungen oder Hoffnungen haben Berufseinsteiger an die Selbstständigkeit?
Jan-Peter: In erster Linie geht es um die Eigenständigkeit – selbst zu entscheiden, wie und wann gearbeitet wird und nicht von den Entscheidungen der Vorgesetzten abhängig zu sein. Manche Ideen lassen sich in einem “klassischen” Angestelltenverhältnis, z.B. in einem Konzern, nicht so einfach und schnell umsetzen. In der Selbstständigkeit ist man selbst die Person, die für die Umsetzung der eigenen Ideen und Vorstellungen zuständig ist.
Patty: Du hast dich direkt nach deiner Ausbildung selbstständig gemacht. Was sind deine persönlichen Erfahrungen?
Jan-Peter: Genau, direkt nach meiner Ausbildung zum Versicherungskaufmann habe ich mich als Versicherungsvermittler selbstständig gemacht. Mein Weg führte von meiner Ausbildungsagentur im ländlichen Raum nach Berlin, wo ich mir mit einem Kollegen ein Versicherungsbüro teilte. Nach der Ausbildung hatte ich zwei Möglichkeiten: Entweder ich entscheide mich für eine Anstellung in einer Versicherungsagentur oder eben die Selbstständigkeit. Da ich mich nicht von den Entscheidungen anderer abhängig machen wollte und ich meine eigenen Ideen nicht nur irgendwo einbringen, sondern umsetzen wollte, habe ich mich für die Selbstständigkeit entschieden. Und auch wenn ich aktuell in einem Angestelltenverhältnis bin, bereue ich nicht mich damals selbstständig gemacht zu haben. Es war eine tolle Zeit, aber ich brauchte einen Tapetenwechsel. Die Insurtech-Branche hat mich schon länger fasziniert, weshalb ich den Entschluss gefasst habe, hier weitere Erfahrungen zu sammeln.
Patty: Welche drei positiven und welche drei negativen Erfahrungen hast du in drei Jahren Selbstständigkeit gesammelt?
Jan-Peter: Der Weg zwischen dem, was man tut, und dem sichtbaren Erfolg ist sehr kurz. Außerdem ist es toll, den Arbeitstag nach den eigenen Wünschen zu gestalten. Das ist eine unglaubliche Freiheit! Der dritte Vorteil ist Stolz: Es ist ein tolles Gefühl sagen zu können, ich bin Unternehmer, ich bin für mich selbst verantwortlich und damit erfolgreich.
Auf der anderen Seite kann die Selbstständigkeit sehr anstrengend sein. Es gibt keinen Kollegen um die Arbeit zu teilen. Als selbstständiger Versicherungsvermittler war ich 24 Stunden am Tag an sieben Tagen pro Woche erreichbar. Wenn ein Kunde am Sonntagabend einen Versicherungsschaden hatte, dann hat er mich angerufen. Ein weiterer Nachteil ist, dass es in Deutschland leider nur wenig Unterstützung für (junge) Unternehmer gibt. Die bürokratischen Anforderungen (Steuer, Sozialversicherung etc.) sind sehr hoch und teilweise unübersichtlich. Es gibt viele Fallstricke.
Patty: Denkst du, es ist eine gute Wahl sich direkt nach Ausbildung oder Studium selbstständig zu machen, oder sollten Berufseinsteiger erst einmal im Angestelltenverhältnis arbeiten?
Jan-Peter: Hier kann ich keine pauschale Aussage treffen, denn es hängt ganz stark von der Persönlichkeit ab und natürlich auch vom Studiengang. Der Berufseinsteiger sollte sich darüber im Klaren sein, dass die Selbstständigkeit auch ein Risiko bedeutet. Aber es ist eine tolle Möglichkeit viel zu lernen, vor allem über sich selbst. Auch wenn es in Deutschland noch immer etwas “verpönt” ist und nicht offen darüber gesprochen wird: Scheitern ist nichts Schlimmes! Die Tür zum Angestelltenverhältnis steht immer offen, daher ist mein Rat ganz klar, dass junge Menschen sich trauen sollten, wenn sie von ihrer Idee überzeugt sind.
Patty: Welche Tipps würdest du Berufseinsteigern geben, wenn sie sich selbständig machen wollen?
Jan-Peter: Mein erster und in meinen Augen wichtigster Tipp: Sie sollten alles schriftlich festhalten! Ich musste leider damals lernen, dass es nicht ausreicht sich auf mündliche Absprachen zu verlassen. Das ist eine Erfahrung, die man ganz einfach umgehen kann. Außerdem sollten sie schon vor der Firmengründung eine Firmen-Rechtsschutzversicherung abschließen, um alle Fallstricke, die schon bei der Gründung passieren können, abzusichern und sich anwaltliche Unterstützung holen zu können. Generell sollten sich junge Berufseinsteiger überall Hilfe holen: Branchenverbände, Gründer-Plattformen, Branchenkollegen oder Vereinigungen, die Gründern helfen, gibt es in nahezu jeder Stadt. Hier sollten sie ruhig von den Erfahrungen und dem Wissen ihrer “Vorgänger” profitieren, denn sie müssen das Rad nicht neu erfinden.
Außerdem muss man als Gründer mit dem vollen Herzen dabei sein. Der Hauptfokus sollte in den ersten drei Jahren wirklich nur auf dem Unternehmen liegen, auch wenn es mal anstrengend wird.
Der letzte Tipp, den ich jungen Selbstständigen mit auf den Weg geben kann, ist, dass sie organisiert und strukturiert planen und analysieren sollten. Ist dies wirklich der richtige Ort für mein Geschäft? Gibt es in dieser Straße vielleicht schon genug Konkurrenz? Gut ist es, auch andere um Rat zu fragen, wenn man selbst schon “betriebsblind” ist.
Patty: Jan-Peter, vielen Dank für deinen spannenden Erfahrungsbericht!
Patty Kemnitz verantwortet als Social Media Managerin bei Friendsurance den Unternehmensblog. Außerdem betreut sie die verschiedenen Social-Media-Kanäle und hat vor Kurzem den Instagram-Account von Friendsurance ins Leben gerufen.