Wir alle haben ein eher durchwachsenes Jahr hinter uns. Was schnell übersehen wird: Auf der jungen Generation, Erwachsenen im Alter von 18 – 24 Jahren, lastet die Perspektivlosigkeit. Der Mangel an sozialen Kontakten und ein Übermaß an virtuellen Erfahrungen wiegen besonders schwer. Sie können kaum noch rebellieren, sich nicht ausprobieren und vor allem kaum noch flüchten, außer in die Online-Welt.
Mangel an sozialen Kontakten – Bei jedem Zweiten steigt der Handykonsum stark an
In diesem Lebensabschnitt jagt gewöhnlich ein entscheidender Schritt den nächsten. Zunächst steht häufig das Abitur an – eine Zeit in welcher Grenzen ausgetestet und die Welt der Partys entdeckt wird, Prioritäten aus elterlicher Sicht falsch gesetzt werden. Durch die Pandemie hat sich das jedoch verändert:
Abiturienten der Jahrgänge 2020 und wahrscheinlich auch 2021 können nicht nächtelang um die Häuser ziehen. Sie können keine Festivals besuchen. Sie können auch keine Hausparty schmeißen. Dafür haben sie Zeit, sich intensiv mit Lerninhalten auseinanderzusetzen, denn es gibt sowieso nichts anderes zu tun. Ungewiss ist, wie sich die Lage in den kommenden Jahren entwickelt, ob und wann es sich wieder ändern wird.
Am Freitag Abend zu lernen war für frühere Jahrgänge undenkbar. Doch durch die aktuelle Situation würde man nichts verpassen, was äußerst frustrierend ist – schließlich ist man nur einmal jung! Entsprechend viel Langeweile tut sich auf, rund um die Uhr zu lernen ist ja auch keine Option.
Eine Folge dessen ist die deutlich steigende Handynutzung: Laut einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstitutes YouGov im Auftrag von Friendsurance, gaben ganze 58% der Befragten zwischen 18 – 24 Jahren an, ihr Handy deutlich häufiger zu nutzen als noch vor Corona. In der Generation ihrer Eltern (45 – 54 Jahre) sind es 29%, die die gleiche Aussage treffen.
Auf das bestandene Abitur folgt oft ein sogenanntes Gap-Year. Dieses kann ein Auslandsjahr oder ein FSJ sein, aber auch alles andere was dem Schulabgänger dabei hilft, den Kopf frei zu bekommen. Abstand vom Alltag, besonders von der Schule, bevor es mit einem Studium, der Ausbildung oder dem Berufseinstieg weitergeht.
Auch diese Pläne werden und wurden weitestgehend von Corona durchkreuzt, wie die TUI-Jugendstudie belegt: Demnach unternehmen Jugendliche 32% weniger Reisen als noch vor der Pandemie. Auch Freizeitaktivitäten werden drastisch zurückgestellt, hier ist ein Rückgang um 40% zu verzeichnen.
Corona führt zu Spannungen: Wunsch nach Umzug nimmt massiv zu
Ein weiterer bedeutender Schritt im Alter zwischen 18 – 24 Jahre ist der Auszug aus dem Elternhaus. Oftmals geht dies einher mit dem Beginn eines Studiums. Der Drang auszuziehen hat sich laut der Yougov Studie bei den jungen Erwachsenen durch Corona jedoch deutlich verstärkt: So gaben ganze 39% der Umfrageteilnehmer zwischen 18 – 24 Jahren an, ihre Wohnsituation dringend verändern zu wollen. Ein Schrei nach Selbstbestimmung und einem weniger angespannten Umfeld.
Wiederum ist der Auszug aus dem Elternhaus keineswegs gleichzusetzen mit dem Wunsch allein zu sein. Denn 42% der jungen Erwachsenen, die allein in einem Haushalt leben, wünschen sich ebenfalls sehnlich eine Änderung ihrer Wohnsituation. Nachvollziehbar, wenn man bedenkt, dass die meisten Vorlesungen zu 100% virtuell stattfinden. Freunde darf man nicht oder nur eingeschränkt treffen, neue Menschen kennenzulernen ist so gut wie gar nicht möglich. Da ermattet der Reiz der eigenen Wohnung in der Großstadt schnell, vereinsamte Studenten flüchten sich in neue Hobbies.
Die Liebe zum Essen beispielsweise: Seit Beginn der Pandemie haben satte 28% der Befragten zwischen 18 – 24 Jahren zugenommen. Nicht überraschend, denn gleichzeitig geben 32% in der gleichen Altersklasse an, weniger an der frischen Luft zu sein als noch vor Corona. Zwei Trends, die perfekt Hand in Hand gehen und sich leider durch die Gesamtbevölkerung ziehen: Etwa jeder Fünfte Deutsche hat im Vergleich zum Vorjahr mehr auf den Rippen und verbringt weniger Zeit im Freien.
Dienstleistungsbranche bricht ein, doch junge Menschen bleiben flexibel
Beim Thema Einkommen sind die jungen Leute gespalten. Beinahe jeder Fünfte gab an, weniger Einkommen zu haben als vor der Pandemie. Bedenkt man die massiven Einschränkungen im Gastro-Bereich, ist das kaum verwunderlich.
Es gibt jedoch auch eine andere, überraschende Gruppe: 20% der Befragten zwischen 18 – 24 Jahren gaben an, in diesem Jahr ein höheres Einkommen als vor der Pandemie zu haben. Unter den älteren Teilnehmern können das nur rund 6% behaupten.
Diejenigen, die früher in Cafés oder Restaurants gekellnert oder im Theater den Einlass gemacht haben, sind gezwungen, sich neu zu orientieren. Sie satteln um auf Minijobs wie Fahrradkurier, Regale auffüllen oder das Ausliefern von Essen und sichern sich damit ein Einkommen. So gibt jeder dritte Teilnehmer zwischen 18 – 24 Jahren an, 2020 weniger Freizeit gehabt zu haben.
Bei Vielen blieb das zusätzliche Geld jedoch nicht lange auf dem Konto: 23% gaben an, mehr auszugeben als vor der Krise. Es könnte unter anderem auf die stark gestiegene Handynutzung oder den zusätzlichen Bedarf an Ausstattung und den damit verbundenen Kosten zurückzuführen sein. Hinzu kommen Online Shopping oder neue Streaming Abos: Im ersten Jahr der Krise verzeichnete Netflix über 28 Millionen neue Abonnenten.
Staat und Vereine stellen Hilfen zur Verfügung
Den Studenten, die durch Corona in finanzielle Notlage gerieten, sagte das Bundesamt für Bildung und Forschung eine Überbrückungshilfe zu. Auch das BAföG wurde angepasst, der Höchstsatz stieg um 17%. Ebenfalls stieg der Einkommensfreibetrag, sodass deutlich mehr Schüler und Studenten als förderungsberechtigt gelten. Zurückgezahlt werden muss natürlich beides. Nicht nur der Staat, auch viele Vereine und Organisationen wie die Caritas oder das Jugendhilfeportal bemühen sich, Angebote und Hilfe für junge Menschen bereitzustellen.
Auch untereinander sind junge Menschen hilfsbereit, wer Hilfe gleich welcher Art benötigt, wird fündig. Das macht Mut.
Und nach jedem Regenschauer scheint auch wieder die Sonne.